Part III

Wie ging es in Brünen weiter?

Verwaltungsmäßig kam die Zivilgemeinde Brünen schon zur Franzosenzeit 1813 in die Mairie Schermbeck zum Kanton Ringenberg im Arrondissement Rees, Departement Lippe. In der sich anschließenden Preußenzeit hieß es Amt Schermbeck im Kreis Dinslaken, ab 1823 im Kreis Rees.

Statuten des Reeser Landrates

Aus dieser Zeit gibt es einige Dokumente zum Schützenleben in dieser Region. Da ist z.B. ein Erlass des Landrats des Kreises Wesel Dr. Bermuth vom 1. Januar 1822 mit der Überschrift „Réglement die, bey dem Vogel und Scheibenschießen im hiesigen Komité zu beobachtenden Vorschriften enthaltend“

Darin wird in 19 Paragraphen das Vogelschiessen geregelt und die Strafen bei Zuwiderhandlungen in Silbergroschen festgesetzt. Die Paragraphen lauten im Einzelnen:

§ 1

Der Bürgermeister bestimmt den Ort zum Vogel und Scheibenschießen. Die Stellung des Ziels, und Schießstand, die Aufstellung der geladenen und ungeladenen Gewehre, den Ort zum Laden, u.d.gl., ließe sich auch die Liste derjenigen welche an dem Vogel oder Scheibenschießen Antheil nehmen wollen jedes mahl zuvor zur Revision vorlegen, weil keine zu junge oder zu unerfahrene Leute dazu zugelassen werden.

§ 2

Derselbe, oder ein Beygeordneter oder Gemeinde Rath führen beym Vogel und Scheibenschießen eines oder mehrerer Polizeidiener die Oberaufsicht und übt der Verordnung der Königlichen Regierung vom 1. August d.J. – Amtsblatt Nr. 209 – eine Strafkraft aus.

§ 3

Die spezielle Aufsicht bey der Belustigung und die Leitung beym Schießen u.s.w. wird von einem durch den Bürgermeister jedes mahl aus der Gesellschaft der Schießenden zu erwählenden Director oder Schützenmeister geführt.

§ 4

Während des Aufziehens zum Schießen darf niemand mit einem geladenen Gewehr versehen seyn, bey Strafe von 5 Sgr. für die Gesellschafts Cashé.

§ 5

Die Gewehre deren die Gesellschaft sich zum Schießen bedienen will, müssen vorab ausdrücklich ihrer Tauglichkeit von dem Schützenmeister untersucht werden, der für allen aus dem Gebrauch schadhaften oder sonst untauglichen Gewehren hervorgehenden Schaden verantwortlich bleibt.

§ 6

Das Laden der Gewehre geschieht an dem dazu bestimmten Orten unter Aufsicht des Schützenmeisters, einen hinzogenen Fehler, zahlt 5 Sgr. zur Gesellschafts Cashé.

§ 7

Über die Reihenfolge beym Schießen wird durchs Los entschieden.

§ 8

Vor dem Herantreten an den Schießstand darf kein Pulver in die Batterie geschüttet werden, sondern die Pfanne

bleibt so lange mit Werg oder mit dem Putzlappen bedecket bei 5 Sgr. für die Gesellschatfs Cashé.

§ 9

Zielen mehrere zugleich an den Schießstand, so verfällt der Voreilende in eine Strafe von 5 Sgr. für die Gesellschafts Cashé.

§ 10

Sooft geschoßen werden soll, giebt der Schützenmeister vorher dem Scheibenzeiger ein Zeichen, wer, ohne dieses Zeichen abzuwarten schießt, zahlt 5 Sgr. zur Gesellschafts Cashé.

§ 11

Versagt das Gewehr eines Schützen zu dreyen Mahlen hintereinander, so daß derselbe den folgenden Männern Platz machen, das Gewehr in die Höhe zurück – eine überhaupt nothwendige Vorsichtsmaaßregel – zurückstellen und von dem Schützenmeister seine weitere Bestimmung zu erwartigen.

§ 12

Alles Probeschießen von Anfängern des Schießens sowie auf dem Schießplatz überhaupt sind bei 5 Sgr. Strafe für die Gesellschafts Cashé verboten.

§ 13

Wer sein Gewehr durch Unvorsichtigkeit auf dem Schießplatz abfeuert, zahlt 5 Sgr. Strafe zur Gesellschafts Cashé.

§ 14

Kein Zuschauer ist unter den Schützen auf dem Schießplatz zu dulden, sondern es findet derselbe auf 50 Schritte hinter dem Schießstande seine Stelle, einer hiergegen handelnd, zahlt 5 Sgr. Strafe zur Gesellschafts Cashé

§ 15

Wer aus einer brennenden Tabakpfeife ohne Deckel auf dem Schießplatze raucht oder mit einer brennenden Tabakpfeife an den Schießstand zum Schießen oder sonstigem tritt, zahlt 5 Sgr. zur Gesellschafts Cashé.

§ 16

Wer sich auf dem Schießplatze so lange das Schießen dauert, berauscht, wird nicht nur sofort aus der Gesellschaft entfernt, sondern zahlt auch obendrein 10 Sgr. zur Gesellschafts Cashé, ein gleiches gilt überhaupt einem denjenigen, der Handel und Zänkereyen ausficht.

§ 17

Beim Abziehen vom Schießplatz gilt das nämliche als unter 4. bestimmt worden. Außerdem muß jeder Schütze vor Eintreffen in das zur Erlustigung nach Beendigung des Festes ausersehene Wirtschafts-Haus oder sonstige Local sein Gewehr dem Schützenmeister oder einem Polizeidiener in einstweiligen Gewahrsam – von bis dahin wo die ganze Festlichkeit zu Ende – übergeben, bey Strafe von 5 Sgr. für die Gesellschafts Cashé im Weigerungsfalle.

§ 18

Die Verwendung der zur Gesellschafts Cashé fließenden Strafen bleibt der gemeinsamen Bestimmung der Mitglieder der Gesellschaft überlaßen.

§ 19

Sollten die obiegen Belustigungen in eine Zankerei ausarten, namentlich zu Saufgelagen, Zänkereyen, so wird auf deren zwingliches Eingehen oder auf Stündung für gewiße Zeitdauer bedacht genommen werden“

Rees, 1. Januar 1822

der Land Rath Dr. Bermuth

Vorderseite

Wenn man den Erzählungen unserer Großväter glauben darf, muss bezweifelt werden, dass der Erlass dieses Reglements die „Saufgelagen und Zänkereyen“ wirklich verhindert hat.

Mit dem Datum 16. Juni 1823 findet sich im Archiv des Amtes Schermbeck die „Acta nachgesuchte Erlaubnis zum Scheibenschießen betreffend“ mit der „Die Männer in Brünen ersuchen auf Johannis Tag den 24.d.M. nach der Scheibe zu schießen, wie dieses alljährlich der Gebrauch ist“. Dieses Ersuchen wurde über den Ortsvorsteher Brans eingereicht, der es mit folgendem Anschreiben an den damaligen Bürgermeister weitergab:

„Herrn Bürgermeister Maahsen, Wohlgeboren zu Schermbeck.

Da am künftigen Dienstag den 24. des als Johannis Tag das gewöhnliche Scheibenschießen von den Männern eintrifft, so habe ich Euer Wohlgeboren hierdurch ganz gehorsamst bitten sollen, die Erlaubnis zu der Landrichterlicher Gründe gefälligst nachzusuchen.

Brünen den 15. Juni 1823 Der Vorsteher gez. Brans“

Rückseite

Die entsprechende Genehmigung des Bürgermeisters ist ebenfalls im Archiv vorhanden. Bei diesem Schützenfest ist Johann Freyhaus König geworden. Seine Königsplakette ( Bild ) ist die älteste, die sich noch im Besitz des Vereins befindet.

Auf der Rückseite steht der Spruch: „Was die Vorsehung mir bestimmt, das nahm ich willig auf, und diene gern mit meiner Kraft unser Brünen ganz gewissenhaft mein ganzer Lebens Lauf.“

Die ältesten Statuten der Brüner Schützen

Aus dem Jahr 1847 ist dem Verein ein Originaldokument erhalten geblieben, nämlich die „Statuten für den Schützenverein der verheirateten Männer in der Gemeinde Brünen am 23. August 1847 entworfen“ Weil dieses Dokument die Traditionen unseres Vereins beschreiben, sollen sie hier vollständig aufgeführt und anschließend interpretiert werden.

Statuten

zu dem alljährlichen Königsschießen der verheirateten Männer der Gemeinde Brünen.

§1

Wer den Königsschuß thut, d.h. wer den besten Schuß in das Centrum oder dem Centrum zunächst in die Scheibe bringt, ist König der verheirateten Männer in der Gemeinde Brünen bis zum nächsten Königschießen. Derselbe genießt damit folgende Vortheile:

a) Erhält er gleich nach beendigtem Schießen und sobald der beste Schuß ermittelt ist, einen neuen Huth. Seine Frau als zeitliche Königin einen goldenen Ring. Der Huth soll den Werth von mindestens zwey Thaler und der Ring von mindestens drey Thaler haben. Ist die Frau des Königs anwesend zu sein verhindert, ist vielleicht der König Witwer, oder noch Junggeselle ( denn auch Witwen können durch ihrenältesten Sohn beym Königschießen teil nehmen so erhält der König den Ring, und bestimmt, wer ihn bekommen soll.

b) Werend des ganzen Jahres nach dem Königschießen, vom 1. Jenner bis zum 31. Dezember ist der König von allen sogenannten Gemeinde Lasten, von Hand- Spann und Wachdiensten, desgleichen von Einquartierung befreit. Die Comunal Steuer, oder sonstige Ausschläge in Gelde, Fourage oder andere Natural Lieferungen gehören nicht zu den Gemeinde Lasten wovon der König befreit ist, er hat vielmehr solche wie jeder andere Eingesessene in der Gemeinde zu tragen. Bey Kriegszeiten, überhaupt bey ungewöhnlichen Verhältnissen, wo die Ortsbehörde die befreyung des Schützen-Königs von sogenannten Gemeinde Lasten nicht mehr zu bestimmen hat, fällt diese beguenstigung desselben weg und er kann dafür auf keine Entschädigung Ansprüche machen.

c) Der König hat von nun an durchaus keine Kosten, sondern nur Vortheile, und nicht der geringste beytrag zu den Kosten, welche das Königschießen verursacht, kann von ihm gefordert werden, denn jede Bewirtung der Schützen die den König abholen, welche sonst üblich war, fällt nicht nur ganz weg, sondern wird bey fünfundzwanzig Thaler Strafe verboten.

§2

Der König wird nicht mehr an seiner Behausung abgeholt; wohnt er in Havelich oder der Oberbauernschaft, so wird er am Handweiser, wohnt er auf der Straße oder in dortiger Gegend, wird er bey Isingshoff, und wohnt er in der Unterbauernschaft, so wird er von der vollständigen Schützen-Compagnie bey Entrop, im Dorfe Brünen selbst aber, an seiner Behausung abgeholt, vom Adjudanten mit Silber umhangen und zum Wirtshause geführt.

§3

Der König muß pünktlich am Tage des neuen Königschießens, an einem dieser Punkte, je nach dem seine Wohnung gelegen ist, um 12 Uhr sich einfinden, die Schützen-Compagnie jedoch eine Stunde früher, also um 11 Uhr im Wirtshause versammelt seyn. Wer von den Schützen nicht um halb 12 Uhr anwesend ist, verliert für das laufende Jahr das Recht zu Mitschießen.

§4

Mit diesem Jahr 1847, wo diese neuen Statuten ins Leben treten, findet auch eine neue Wahl der Offiziere, und von nun an, alle zwey Jahre statt, doch können die alten wieder aufs neue gewählt werden. Die Compagnie bedarf fünf Offiziere, einen Capitain, einen Adjudanten, zwey Leutnants und einen Fähnrich.

Die Wahl findet sofort statt, wenn die Compagnie auf dem Schießplatze versammelt ist, durch Zettel, worauf die Namen der zu wählenden Offiziere geschrieben sind, und sind nur die wirklichen Schützen, die am Königschießen Antheil nehmen zur Wahl berechtigt.

Wen die Wahl trifft, ist verbunden die Charge anzunehmen, wozu er gewählt wurde, jedoch nur für die nächsten zwey Jahre, wird er aber nach Ablauf derselben zum zweyten male gewählt, ist er die Wahl ab- zulehnen berechtigt. Sollte sich dem ungeachtet jemand weigerlich halten, für die ersten zwey Jahre eine Offizier-Stelle anzunehmen, so kann er auch werend dieser zwey Jahre am Königschießen keinen Antheil nehmen.

Die Offiziere haben das Militärische bey der Führung der Compagnie, beym Abholen des Königs, dem Marsche nach und von dem Schießplatze zu leiten, die Ordnung werend des Schießens und des Aufenthaltes im Wirtshause aufrecht zu halten, mit einem Worte, sind die Vorgesetzten der Schützen-Kompagnie, daher auch jeder Schütze den Offizieren unbedingt Folge zu leisten hat, wer dieses verweigert, hat die Gesellschaft sofort zu verlassen.

Sollte jemand glauben, dass ihm von den Offizieren Unrecht geschehen sey, so kann er später auf eine Art Standrecht antragen, welches über den vorgekommenen Fall entscheidet. Dieses Standrecht soll von zwölf, von der Compagnie zu wählenden Personen, wozu aber kein Offizier gehören darf, gehalten werden, dessen Entscheidung sich beyde Partheyen unbedingt unterwerfen müssen. Die für solches Standrecht gewählten Personen bleiben ebenfalls zwey Jahre in Function.

§5

Zum Königsschießen berechtigt sind alle Hof= und Hausbesitzer desgleichen deren Pächter, kurz jeder in der Gemeinde Brünen, der die Lasten der Gemeinde mit zu tragen hat, und mit einer Nummer in der Dienstliste verzeichnet steht.

§6

Die Reihenfolge beym Schießen bestimmt die Hausnummer, und werden die Schützen beym Namen vom Adjudanten abgerufen. Wer abwesend, oder nicht zum Schießen bereit ist, wenn sein Name verlesen wird, verliert in dieser Reihenfolge seinen Schuß. Nur gewöhnliche glatte Flinten ohne Züge, selbst ohne einen ovalen Zug, ohne Visir und Diopter, sind beym Königsschießen anwendbar.

Sollte der Fall vorkommen, ungeachtet daß das Centrum, so oft es getroffen ist, mit einem neuen blättchen belegt wird, dass zwey Schüße sich so gleich waren, daß der beste oder Königsschuß mit Anwendung eines Zirkels nicht ermittelt werden könnte, so müßten dieses beyden Schützen noch einmal neu den besten Schuß schießen, welcher dann der Königsschuß wird.

§7

Die bisher üblich gewesene Platte an Silber, wird auch jetzt noch dem Silber hinzugefügt, und der König den darauf zu schreibenden Spruch anzugeben. Die Offiziere laßen diese silberne Platte, sowie auch die Scheibe anfertigen, kaufen den Königshuth, sorgen für die gehörige Einrichtung des Schießplatzes und alles, was zum Königsschießen erforderlich ist, und bestreiten die erforderlichen Kosten aus der Schützenkaße. Mit allen diesem hat der König von nun an nichts mehr zu thun, und durchaus keine Kosten hiervon. Endlich.

§8

Wird die größte Vorsicht mit dem Gewehre, sämtlichen Schützen zur Pflicht gemacht, daher vom Augenblicke des Abmarsches aus dem Wirtshause, bis daß solches nach dem Königsschießen wieder betreten wird, von keinem der Schützen irgend ein geistiges Getränk genoßen werden darf. Nach beendigung des Königsschießens, müßen alle etwa noch geladenen Gewehre auf dem Schießplatze abgeschoßen werden bevor der Rückmarsch nach dem Wirtshause angetreten wird. Sollte dem ungeachtet noch jemand im Dorfe oder in der Nähe eines Hauses zu schießen sich erlauben, so fällt derselbe nach § 10 der allgemeinen Steuer Ordnung in eine Strafe von drey Thaler.

Zum Laden der Gewehre, wird auf dem Schießplatze ein besonderer Raum angewiesen, woraus keiner sich eher mit dem geladenen Gewehr entfernen darf, bis er zum Schießen vom Adjudanten abgerufen wird. Es ist die höchste Pflicht der Offiziere über die genaue befolgung des §8 zu wachen, damit kein Unglücksfall vorkömmt, und jeder Schütze, der dieser so nöthigen Anordnung zu wider handelt, verfällt sofort in eine Strafe von Zehn Silbergroschen zum besten der Schützen Kaße.

Brünen den 23 August 1847 Die Gemeinde Verordneten

Der Gemeinde Vorsteher Brans Buschmann

B. von de Wall Hecheltjen Bülzebruck

Siegel: Tellmann Dickmann

Kö.Pr. Bürgermeisteramt Reuken Hopermann

Schermbeck

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